Mehrwertsteuer in Europa und Mini-One-Stop-Shop

Die (europäischen) Länder erheben Mehrwertsteuersätze in unterschiedlicher Höhe. Deutschland etwa erhebt 21%, Polen 23%, Kroatien 25% und Ungarn sogar 27%.

Ein international tätiges Unternehmen steht zunächst vor der kaufmännischen Frage, ob er seine Preise an diese unterschiedlichen Gegebenheiten anpasst, oder ob er die Unterschiede mit seiner Marge ausgleicht und einheitliche Preise verlangt. Eine klare Empfehlung lässt sich für das Online-Business kaum geben. Gerade in der Games- und Entertainment Branche kann es bei lokal unterschiedlichen Preisen allerdings zu unerwarteten Effekten kommen, sei es, dass Kunden in anderen als ihren Herkunftsländern digitale Güter kaufen, Währungsschwankungen ausnutzen, etc.

In seltenen Fällen nehmen online tätige Unternehmen selbst die Gelder von Kunden ein. Sie bedienen sich dazu meistens sogenannter Zahlungsdiensteanbieter. Oft bieten diese Dienstleister eine Reihe verschiedener Bezahlmethoden an, beispielsweise Kreditkartenzahlungen, Zahlung per Telefonvertrag, Mobilfunkvertrag, SMS, Paypal und viele mehr. So muss das Unternehmen nicht mit jedem Mobilfunkanbieter etc. eigene Verträge abschließen.

Dabei bereiten die Fragen, wer die vom Kunden eingenommene Mehrwertsteuer abführen muss und an wen, immer wieder Schwierigkeiten.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob die Endkunden in Deutschland, einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder einem Nicht-EU Drittland ansässig sind.

In Deutschland greifen in der Regel die Grundsätze der Leistungskommission. Der Unternehmer erbringt seine Leistung an den Paymentanbieter (nicht an den Endkunden) und erhält vom Paymentanbieter eine Abrechnung mit Steuerausweis. Der Paymentdienstleister behält die Umsatzsteuer der Kunden ein und führt sie direkt ab. In diesem Fall braucht das Unternehmen nicht mehr viel zu beachten.

Für Kunden aus anderen EU-Mitgliedsstaaten dürfen die Paymentdienstleister die Mehrwertsteuer nur dann einbehalten, wenn in diesem Land die Grundsätze der Leistungskommission angewendet werden  (so wie in Deutschland). Diese Nachweis-Konstellation wird als “Branchenlösung” bezeichnet. Falls der Nachweis nicht geführt wird, ist das Unternehmen gegenüber dem Kunden (im Sinne der Steuer!) als Leistungserbringer anzusehen. Er nimmt die Mehrwertsteuer vom Dienstleister ein und muss sie selbst abführen. Der Dienstleister stellt dann eine “gewöhnliche” Rechnung an das Unternehmen.

In Nicht-EU Drittländern finden die Grundsätze der Leistungskommission keine Anwendung. Hier zahlt der Zahlungsanbieter also regelmäßig die Umsatzsteuer an das Unternehmen aus, welches sie abführen muss.

Seit Anfang 2016 gibt es in Europa eine Institution namens Mini-One-Stop-Shop (“MOSS”) bzw. “kleine einzige Anlaufstelle”. Im Rahmen einer quartalsweisen Erklärung muss das Unternehmen hier angeben, aus welchen EU-Mitgliedsstaaten wieviel Mehrwertsteuer eingenommen wurde. Der MOSS verteilt diese Mehrwertsteuer dann auf die jeweiligen Länder.

Update 2021: Plattformen wie der Apple App Store, Google Play Store und Steam behalten seit einiger Zeit von den über sie getätigten Umsätzen die Umsatzsteuer ein und führen sie für den Anbieter direkt ab. Es gibt aber Ausnahmen, so dass hier genau hingeschaut werden sollte.

Ob im EU-Ausland eine eigene Anmeldung als Steuerschuldner erfolgen muss, unterscheidet sich regional. So gibt es beispielsweise für die Schweiz, Canada, USA, Türkei, Russland, Mexiko und Norwegen jeweils unterschiedliche Anforderungen. Eine Anmeldung kann zudem teilweise nur durch vor Ort zugelassenen Experten erfolgen. Spätestens bei Umsätzen im jährlich fünfstelligen Bereich in einem dieser Länder erscheint es dringend empfehlenswert, sich näher mit der Thematik zu befassen und ggf. einen spezialisierten Steuerberater zu konsultieren.

Die obigen Ausführungen sind oberflächlich und ersetzen keine fachkundige Beratung. Ein Rechtsanwalt prüft Verträge mit Paymentanbietern und arbeitet eng mit Ihrer Steuerkanzlei zusammen, damit alle Bestimmungen eingehalten werden.